· 

„Das Leben kommt von vorne“ – akzeptiere es.

Kennen Sie solche Situationen? Sie investieren sehr viel Energie in etwas, das Ihnen wichtig ist - ein Projekt, ein Vorhaben - manchmal über Wochen und Monate. Sie stehen kurz davor, die Früchte Ihrer Arbeit zu ernten. Plötzlich passiert etwas Unerwartetes: Ihnen wird beispielsweise mitgeteilt, dass die Geschäftsführung sich entschieden hat, das Projekt aufzugeben. Oder: Sie werden krank und jemand, der damit vielleicht wenig zu tun hatte, übernimmt Ihre Rolle, präsentiert ihr "Baby" und... erntet auch noch den Erfolg, der Ihnen gebührt! Oder: Sie arbeiten jahrelang auf eine Position hin und jemand anderes bekommt diesen Job. Jemand - NICHT Sie!

 

Wie reagieren Sie darauf? Wut, Enttäuschung, Trauer, Selbstzweifel und Selbstvorwürfe sind häufig erste Reaktion auf das unerwartete und unerwünschte Ereignis. Herbert Grönemeyer beschreibt dies in seinem Song "Bleibt Alles Anders" mit dem Satz "Das Leben kommt von vorne". Diese negativen Emotionen können noch jahrelang an einem nagen und einen bewusst oder unbewusst "ausbremsen". Oft erhält man den Ratschlag oder liest, dass man die Situation, so wie sie ist, akzeptieren muss, um damit ins Reine zu kommen. Dieser Schritt ist wichtig, weil man erst dann wieder unbeschwert nach vorne blicken und sich auf das, was das Leben einem schenkt, freuen kann.

 

Es ist leicht gesagt, aber in der Umsetzung nicht einfach, den emotionalen "Schalter" von Wut/Zorn/Ärger auf Frieden umzulegen. Oft ist es ein schleichender Prozess, der in Phasen verläuft. Das Fünf-Phasen-Modell von Elisabeth Kübler-Ross, das sie urspünglich entwickelt hat, um zu beschreiben, welche Phasen ein Mensch im Angesicht des Todes durchläuft, beschreibt diesen Ablauf. Es wird mittlerweile bei der Verarbeitung vieler Formen von Abschiedssitutationen angewandt und kann in anderen Bereichen ebenso genutzt werden:

 

  1. DIE EMOTIONALE VERARBEITUNG BEGINNT MIT DEM „NICHT-WAHR-HABEN-WOLLEN“ - „DAS KANN DOCH NICHT WAHR SEIN!“ DIESE PHASE IST WICHTIG, UM SICH LANGSAM MIT DER SITUATION ABFINDEN ZU KÖNNEN.
  2. AUF DIE ABLEHNUNG FOLGT DER EMOTIONALE AUSBRUCH – „WIE KÖNNEN SIE MIR DAS NUR ANTUN!“ ODER „WARUM PASSIERT SO ETWAS AUSGERECHNET MIR!“ DIE WUT WIRD AN SICH SELBST UND DER UMWELT AUSGELASSEN.
  3. WIR WEHREN UNS UND SUCHEN NACH EINEM NEUEN WEG, NACH EINEM AUSWEG AUS DER SITUATION.
  4. TRAGEN UNSERE BEMÜHUNGEN KEINE FRÜCHTE, MÜSSEN WIR LETZTENDLICH ERKENNEN, DASS ALL UNSERE HOFFNUNGEN VERGEBENS WAREN. WIR SEHEN ALLES SCHWARZ UND PERSPEKTIVLOS.
  5. ZUM SCHLUSS KOMMT DIE AKZEPTANZ. WIR SCHLIESSEN UNSEREN FRIEDEN MIT DER SITUATION UND ZIEHEN UNSERE SCHLUSSFOLGERUNGEN DARAUS.

Erst nachdem wir unsere Situation akzeptiert haben, können wir wieder nach vorne schauen. Das Modell hilft einem sich bewusst zu werden, dass es verschiedene Verarbeitungs-Phasen gibt, und dass diese zum Mensch-Sein dazu gehören. Unbewusst können diese Phasen ganze Unternehmen und Konzerne durchlaufen. Gerade bei Fusionen und "feindlichen" Übernahmen kann dies passieren, was in Folge dessen zu einer negativen Eigendynamik führen kann. 

 

Niemand ist vor plötzlichen Wendungen des Lebens abgesichert. Das Leben lässt sich nicht kontrollieren, auch wenn wir es immer wieder versuchen. Es zu akzeptieren und sich vertrauensvoll auf das Leben einzulassen, ist eine weibliche Qualität. Sie kann "gelernt" werden, indem wir sie in uns erkennen und zulassen. Das ist häufig ein Prozess, der fachkundige Begleitung braucht. Haben Sie Interesse darüber mehr zu erfahren? Ich freue mich auf Ihre Nachricht!

 

 

Literaturempfehlung: Elisabeth Kübler-Ross, Interviews mit Sterbenden. Was Menschen bewegt. Kreuz Verlag, 2014 

 

 

© 2019 by Dr. Samo Margarita V. Tchouvakhina